Krieg und Frieden - das Trauma der Nachgeborenen

Krieg. Staubige, schreiende Kinder. Schutt. Bomben -

Kein zu Hause. Auf der Flucht. Was ist mit Mutter? Mit Vater? Leben sie noch?

Schreie. Verzweiflung. Angst. Und wieder Flucht. 

 

Ich sehe diese Bilder und alles in mir schreit NEIN!

 

Nein, so etwas sollte nicht sein! Ich will das nicht! Ich will nicht, dass Menschen dieses Schicksal durchleben müssen. Nicht schon wieder, immer noch, wieder… es muss doch mal ein Ende haben!

 

Ich spüre es bis in die Knochen. Und ich weiss, das kommt nicht von ungefähr, dass ich das spüre. 

 

Meine Vorfahren stammen aus Schlesien, ich bin mit meiner schwer traumatisierten Omi aufgewachsen, die niemals den Schrecken, die Angst, das Elend überwinden konnte. Als Kind wusste ich nicht, dass sie traumatisierte war. Habe ungefiltert Muster übernommen, ihre Gefühle in mir abgespeichert. 

Erst seit wenigen Jahren darf das Leid der deutschen Menschen gesehen werden. Die Kriegsgeneration hatte keine Chance sich zu „therapieren“, sie haben gerade mal überlebt. Erst jetzt werden die Folgen für die Kinder und Kinder der Kriegskinder wahrgenommen, endlich!

 

Denn diese Folgen beeinflussen unser Handeln, unser Miteinander unser Gestalten der Welt bis heute.

Um den Schrecken des Krieges zu überleben muss man sich abspalten von seinen  Gefühlen, was in der Folge auch empathielos gegenüber anderen Menschen macht. 

 

Viele emotional harte Eltern der 60er und 70er Jahre, waren von einer Posttraumatischen Belastungsstörung betroffen, doch das gabs damals noch nicht und so wuchs die nächste Generation heran, mit ihrem Schwierigkeiten: beziehungsunfähige Eltern, Angstörungen, Rationalisierung als Überlebensprogramm. 

Wer es wagt sich in die Kriegsgeschehnisse hineinzufühlen, in die Erfahrungen der Eltern und Großeltern, der weiss, dass es keine andere Möglichkeit  für sie gab, wollte man nicht zugrunde gehen, oder verrückt werden. 

 

Doch heute wirkt diese Abspaltung immer noch. Wie anders ist es zu erklären, dass man, wenn auch nur in einem Video, diese kleinen Füsschen aus dem Schutt ragen sieht, sieht wie Männer die Steine wegräumen, das Körperchen rausziehen…und nicht reagiert mit einem ganz klaren: Schluss damit!?!

 

Das endet Jetzt!

Das ist das einzig beherzte, menschliche Handeln, was daraus folgen kann, der Entschluss, dass das jetzt endet. Und dass jeder, JEDER, alles daran setzt, dass das jetzt endet. Sofort.

 

Ich möchte fast meinen, dass jede andere Reaktion unmenschlich ist und auf Traumafolge hinweist. Ich mache das niemandem zum Vorwurf. Ich weiss genau wie sich das anfühlt, wenn man in einer Situation ist, in der es einen innerlich zerreißt und dann spaltet man sich davon ab und beginnt zu rationalisieren. Ich kenne das sehr gut, aber es war nicht gesund. Das ist die Folge von Traumatisierung. Man relativiert, redet, rationalisiert. Innerlich gelähmt, oder ohnmächtig, oder leer, oder zitternd vor Angst, oder tiefgefroren. Es gibt viele verschiedene Ausdrucksformen. 

 

Lange habe ich gar nicht gemerkt, wenn ich mich von meinen Gefühlen abgespalten habe, denn es war mein Normalzustand. Und ich muss sagen, es war und ist kein angenehmer Weg zurück zum Fühlen. Es bedeutet dem Schrecken in die Augen sehen. 

 

Der Krieg.

Der Krieg, der so viele Jahre, soweit weg von uns schien, soweit weg, dass wir dachten, wir sind nicht betroffen. Irgendwo in der Welt, ja, da war immer Krieg, aber das hatte mit uns nichts zu tun. 

 

Hat es doch. Beinahe jeder hat Eltern und Großeltern, die traumatisiert durch den Krieg wurden und wenn das Trauma nicht in eine Heilung geführt wurde, dann macht es ohnmächtig und willenlos. Doch wir sollten etwas wollen. Wir sollten uns den Willen zum Frieden zurückholen. Nicht nur ein laues Lüftchen Frieden. Nicht nur so ein: ich mach die Augen zu und male mir eine schöne friedvolle Welt. Nein! Ich meine einen kraftvollen Willen zum Frieden. Einen Willen zum Frieden der Nein sagt zum Krieg. Laut, deutlich und klar. 

 

Ich wünsche mir, dass mehr und mehr Menschen diesen Weg zu sich selbst gehen, zu ihren Gefühlen. In ihre Kraft. 

 

Wir gestalten unsere Welt von Innen nach Aussen. Es wird keinen Frieden geben, solange die alten Kriege in unseren Seelen weiter toben. Und das ist es was in uns geschieht, durch so ein Trauma. Ein Teil der Seele bleibt in der Situation zurück, trägt in sich die Panik, die Angst, den Terror. Um leben zu können gab es die Gnade des Vergessens für die Menschen, die das Trauma unmittelbar durchleben musstet. Wir Nachgeborenen, Kinder und Enkelkinder der Kriegsgeneration, wir tragen diese Erlebnisse emotional, energetisch, in Verhaltensmustern.

 

Der Wille zum Frieden und die Fähigkeit Frieden zu erschaffen, erfordert tiefe Heilung der traumatischen Erlebnisse des letzten Jahrhunderts. Und jede tiefe Heilung braucht erstmal, dass die Wunde gesehen und gereinigt wird. 

 

Danke, dass du das bis hierher gelesen hast. Vielen Dank, dass du dir diese Zeit genommen hast. Und da du sie dir genommen hast, wird wohl irgendetwas in dir angeklungen sein. Vielleicht habe ich eine Seite in dir berührt und leicht zum Schwingen gebracht, vielleicht spürst du, dass dich das auch betrifft. Danke dass du das zugelassen hast. Ich wünsche dir, dass du es weiter schwingen lässt, dass dem nachspürst, dass die Gefühle die festgefroren sind zum Fließen kommen dürfen. 

 

Vielleicht ist es an der Zeit zu sprechen? Gibt es noch jemanden in der Familie, der den Krieg erlebt hat? Hast du jemals mit deinen Eltern darüber gesprochen? Wie hat der Krieg in deine Familie hineingewirkt?

 

Ich würde mich freuen, wenn du mir schreibst, wie es dir mit diesen Zeilen ging, welche Erinnerungen du hast, welche Gedanken dir dazu kommen. 

Ich freue mich über jeden Bericht, jeden Heilungsweg! 

 

Für jeden der sich gerufen fühlt einen Teil seines Heilungsweges mit mir gemeinsam zu gehen, bin ich gerne mit meinen verschiedenen Angeboten da. 

 

Von Herzen alles Liebe,

 

Christa

 

 

 

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